3D-Moai

Schon seit einigen Jahren liebäugelte ich damit, meine größte Moai-Skulptur, welche ich 1998 von der Osterinsel mitbrachte, dreidimensional zu erfassen, um aus den Rohdaten schließlich ein 3D-Modell generieren zu können. Als gelernter Vermesser war das zwar auch rein technisch gesehen interessant, trotzdem konnte ich mich aus chronischem Zeitmangel nie wirklich dazu aufraffen.
Im Herbst 2005 verkroch ich mich dann aber doch an einem regnerischen Samstag mit einem reflektorlos messenden Präzisionstheodolit, Notebook und natürlich dem Steinmoai in unsere Tiefgarage und legte los. Es sollten vier Beobachtungsstandpunkte werden, die ich über zuvor bestimmte Passpunkte ineinander transformierte. Insgesamt kamen knapp 2000 Messpunkte zusammen, die es anschließend galt im CAD zu bearbeiten und zu vermaschen. Das Ergebnis des Vermessungsmarathons war allerdings - sieht man mal vom Lerneffekt und Erfahrungsgewinn für mich ab - letztendlich doch ernüchternd und nicht wirklich zufriedenstellend. Die Punktdichte war für die angestrebte Erstellung eines photorealen 3D-Modells einfach viel zu gering. Und so sah der Moai halt doch eher wie ein "Rohschliff" aus. Etwas enttäuscht wendete ich mich schließlich wieder anderen Dingen zu.

Einige Monate später stieß ich beruflich auf Informationsmaterial zu geodätischen 3D-Scannern. Deren Anwendungsbereich war weit gefächert und reichte von Fassadenvermessungen über Innenraumaufnahmen bis hin zur Abbildung von beliebigen Formen und Modellen. Die Auflösung dieser Hightech- Geräte war wirklich enorm und so fiel mir in diesem Zusammenhang auch bald wieder mein beiseite gelegtes "3D-Moai- Projekt" ein. ;-)
Doch leider, leider ist so ein professioneller 3D-Scanner halt schweineteuer (100.000 Euro und mehr sind keine Seltenheit), und so war an einen Kauf natürlich nicht im Entferntesten zu denken. Notgedrungen machte ich mich im Internet auf die Suche nach Unternehmen, die vielleicht solche 3D-Scans als Dienstleistung anboten. Nach einigen nächtlichen Google-Exzessen stieß ich schließlich auf die Jotero GbR aus Hannover, die sich auf hochauflösende 3D-Scans spezialisiert hat. Der Kontakt war schnell geknüpft, und nachdem ich Ihnen mein "Moai-Projekt" erklärt hatte und der Kostenrahmen ausgehandelt war, schickte ich meine Figur gut verpackt nach Hannover. Zwei Wochen später erhielt ich die Scandaten als aufbereitete Dreiecksvermaschung. Die Auflösung war wirklich der Oberhammer! So bestand alleine das 3D-Modell des Moais aus sagenhaften 880.000 Polygonen. Der getrennt gescannte Pukao hatte noch einmal 410.000 Polys, zusammen also fast 1.3 Millionen (!) Einzelflächen. Im Vergleich dazu sind die 2.000 Punkte meiner Theodolitvermessung nur der vielzitierte Tropfen auf dem heißen (Tuff-) Stein. Durch die enorme Auflösung wurden sogar die Gesteinsporen abgebildet, was vorallem bei dem aus dem grobkörnigen Tuffgestein des Puna Pau bestehenden Pukao äußerst realistisch wirkt. Auch filigrane Details wie die Petroglyphen auf der Rückseite und die Hände sind super zu erkennen.


texturiertes und
gerendertes 3D-Modell

In den folgenden Nächten ging es ans Optimieren und Texturieren des Polygonmodells, um einen möglichst photorealistischen Eindruck zu erhalten. Hinzu kamen diverse Belichtungsszenen, Hintergründe, HDRIs, usw. Ein fertig gerendertes Modell seht ihr oben.

Jetzt werdet Ihr Euch vielleicht fragen, wozu das Ganze? Okay, die Frage ist berechtigt, denn logischerweise war der 3D-Scan nicht gerade umsonst. ;-) Neben der Verwendung der Poly-Vermaschung als Grundlage für alle möglichen Rendering-Spielereien, beabsichtige ich für die nahe Zukunft, das 3D-Modell so aufzubereiten, daß ich damit z.B. industrielle Spritzformen in Auftrag geben kann. Mir schweben da z.B. Moais aus wetterfestem Polystone vor, sozusagen als origineller "Gartenzwerg", als Brunnen- oder Teichfigur. Auch ist es möglich mit den 3D-Daten eine CNC- Fräse zu "füttern", die dann Kopien sogar aus Naturstein bis hin zu Marmor herstellen kann. Aufgrund der enormen Auflösung des 3D-Modells ist eine nahezu beliebige Vergrößerung möglich und Grenzen werden hier wohl eher durch das Transportgewicht gesetzt. ;-) Wer sich also mal irgendwann einen Moai in Originalgröße in den Garten stellen möchte, sollte sich schon jetzt um den Sattelschlepper kümmern - Vorbestellungen werden bereits angenommen! *gg*
But seriously, werde Euch bzgl. des "Gartenzwerg-Moai-Projekts" auf jeden Fall auf dem Laufenden halten...

3D-Moai Rendering
3D- Moai Rendering   

Hier noch einige kleine Renderings, welche die Möglichkeiten so einer 3D-Software veranschaulichen: Als Hintergrund wurden verschiedene HDRI- Maps verwendet und mit mehreren Lichtquellen ergänzt. Das Rendering dauerte mit Raytracing gerade einmal 2 Minuten. Mit der rechenintensiven Radiosity - Beleuchtungsberechnung erhöhte sich die Renderzeit aufgrund der hohen Polygonanzahl hingegen auf eine Stunde.
Die Standardsoftware für solche 3D-Renderings ist zweifelsohne 3D Studio Max von Autodesk, aber auch z.B. Cinema 4D von Maxon. Diese Programme sind (leider) sehr komplex und umfangreich, und benötigen eine zeitaufwändige Einarbeitung. Die Möglichkeiten mit so einem Programm sind allerdings enorm, und man findet im Internet viele meisterhafte Rendering- Beispiele, die erahnen lassen, was man mit so einer Software machen kann, wenn man sie beherrscht.
In der CAD- Sparte ist wohl AutoCAD der Marktführer, allerdings sind die Modelling- und Renderingmöglichkeiten im Vergleich zu speziellen 3D-Softwares doch nicht ganz so umfangreich. Prinzipiell lässt sich aber auch hiermit nahezu alles machen.


Zur Zeit konstruiere ich eine komplette, dreidimensionale Ahu-Anlage mit möglichst photorealistischen Texturen. Ziel soll es irgendwann mal sein, eine animierte Kamerafahrt als Videodatei zu erstellen, allerdings wird das sicherlich noch etwas dauern. Das große Problem bei aufwändigen Landschaftsszenen ist nämlich - neben dem Erstellen photorealistischer Texturen und Lichtszenen - vorallem der enorme Rechenaufwand beim anschließenden Rendering. Und so sind Renderzeiten von mehreren Tagen bei komplexen Animationen keine Seltenheit, sondern eher die Regel. Die große Kunst ist es deshalb, bei der Konstruktion der Modelle mit möglichst wenigen Polygonen klar zu kommen (ohne dadurch natürlich zu viele Details zu verlieren), um letztendlich die Rechenzeit zu minimieren.

3D-Moai
3D-Moai Rendering   

Ein Beispiel für eine kleine Animation findest Du auf meiner Link- Seite. Die Drehung um die Vertikalachse wurde in der 3D- Software als Animation erstellt und gerendert, und schließlich in Einzelbilder abgespeichert. Damit fütterte ich dann ein GIF-Animationsprogramm, wo aus den 70 Einzelbildern eine animierte GIF- Datei erstellt wurde. Aufgrund der geringen Komprimiermöglichkeiten des GIF- Formats ist die Datei zwar stolze 2 MB groß, denke aber, daß sich ein Laden trotzdem lohnt. ;-)


Auf der nächsten Seite habe ich Euch noch einen kleinen 3D- Leckerbissen generiert: Einen interaktiv mit der Maus zu bewegenden Moai. Hierzu muss allerdings ein kleines Plugin geladen werden, dessen Installation aber automatisch abläuft. Viel Spaß damit... ;-)

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